C H A N E L D A Y
Zum Ende des ‚Fashion Months‘ sind die meisten müde und jeder freut sich auf etwas Fashion Week Detox ohne Make-up und High Heels. Doch wenn Karl bzw. Chanel am letzten Tag noch einmal ins Grand Palais rufen, dann wirft man sich mit allergrößter Freude ein letztes Mal in seinen feinsten Zwirn.
Nachdem ich bereits vor drei Monaten die Haute Couture Show zum Duftlaunch von ‚Gabrielle‘ erleben durfte, war ich bei der Einladung zur Prêt-à-Porter Show mindestens ebenso gespannt. Denn was bei der Couture auf der einen Seite magisch, geheimnisvoll und unerreichbar scheint, ist bei der Ready-To-Wear plötzlich greifbarer und tragbarer, wie der Name schon impliziert.
Jede Saison wird mit Spannung das neue Chanel-Universum erwartet, welches sich Karl und sein Team ausgedacht haben. Das Oberthema zieht sich dann meist kohärent durch die gesamte Kollektion. Letzte Saison ragte eine CC gebrandete Rakete an die Spitze des Grand Palais und die Models trugen Glitzerboots im Chanel-Weltraum. Dieses kurze Entführen aus dem Alltag auf magische Weise, hinein in eine ganz andere Welt, ist es letztendlich auch, was die Show von Chanel so besonders macht.
Gerade noch in Paris, betrat ich letzte Woche also mit Spannung (die Einladung verriet noch nicht allzu viel) das Grand Palais und befand mich plötzlich inmitten eines Regenwaldes. Im Grand Palais ragten riesige Felsen empor, von denen Wasserfälle idyllisch herunterplätscherten. Angelehnt an die Gorges du Verdon, eine Schlucht im Süden Frankreichs, zeigte Karl hier seine Liebe zur Natur. Und diese Verbundenheit spiegelte sich auch in seiner Ready-to-Wear Kollektion wider. Dominiert von den Schattierungen des Wassers, wurde dies in Looks in zarten Blau – und Türkistönen unterstrichen. Der Moment, in dem sich das Licht im Regen bricht, war ein immer wiederkehrendes Element der Spring-Summer Kollektion. Kein Wunder also, dass Karl hier zu schillernden Materialien griff. Lurex, glänzendes Leder oder Seide – jeder Stoff erweckte den Eindruck, als würden sich Sonne und Mond in der Wasseroberfläche spiegeln.
Und obwohl die Kulisse eher dschungelhaften Charakter hatte, komme ich nicht ganz von dem Gedanken los, dass Karl auch seine alte Heimatstadt im Hinterkopf für diese Kollektion gehabt haben könnte. Das liegt nicht zuletzt an den wasserresistenten Elementen in so gut wie jedem Outfit. Ob als Hut, Cape oder in Form dieser unglaublich schönen Stiefeletten und Overknees – transparentes PVC schützt dank Karl in der kommenden Saison ebenfalls die Hamburger an (den oft so) nassen Tagen. Mein absolutes Highlight sind daher definitiv auch die transparenten Overknee Boots.
Ein weiterer Hingucker war der Bouclé-Fransenlook von Kaia Gerber, mit dem sie die Show auch eröffnete – den würde ich, wenn möglich, gleich gern einmal komplett so übernehmen.
Wer diese Kulisse nun jedoch für Wasserverschwendung hält, für den hat Karl vorgesorgt: Das Wasser aus der Inszenierung wurde anschließend in das Pariser Kanalsystem zurückgeleitet und wird dann für Bewässerungsanlagen auf Feldern oder als Energiequelle recycelt.
Ich für meinen Teil habe mich für einen Look à la francaise für die Show entschieden: Zu meiner vintage Jacke von Chanel trug ich eine weiße Bluse von Isabel Marant, eine schwarze Jeans mit Schlag von Elleryland und meine Balenciaga Knife Boots. Was dem Outfit den letzten Pariser Schliff verpasst sind Mützen. Und diese von Eugenia Kim ist zu meinem absoluten Lieblingsteil avanciert, auf das ich in Paris nur selten verzichten wollte. Natürlich durfte mein anderer Favorit, die Gabrielle Bag, dabei nicht fehlen.
Für mich ist es einerseits so schön zu sehen und andererseits doch so unbegreiflich, wie es Karl Lagerfeld Saison für Saison gelingt, eine solch poetische und romantische Geschichte mit seiner Mode zu erzählen ohne jemals klischeehaft zu werden. Sich immer wieder neu zu erfinden und gleichzeitig den Linien von Gabrielle Chanel treu zu bleiben – das ist für mich die wahre Kunst. Chapeau & merci!
Der Look:
Bilder: ©Style Shiver, ©PR (12,16,GIF)
Wunderbar geschrieben und tolle Bilder!