8 Fragen an… I Jeanne de Kroon aka. Zazi Vintage
Wenn Mode nicht nur ein Konsumgut ist, sondern Frauen in Entwicklungsländern zu einem besseren Leben verhilft, dann wollen wir unbedingt mehr darüber wissen. Jeanne Margot de Kroon hat mit ihrem Label Zazi Vintage genau das geschafft. In Indien arbeitet Jeanne mit nicht staatlichen Organisationen, sogenannten NGO ́s, zusammen, setzt sich für die Frauen vor Ort ein und ermöglicht ihnen durch eine faire Bezahlung einen besseren Lebensstandard und Unabhängigkeit. Auch das Thema Umweltbelastung spielt bei Zazi eine große Rolle. Für ihre Kleider lässt Jeanne keine neuen Stoffe produzieren, sondern verwendet Restmaterialien – Vintage eben. Was daraus entsteht? Die wohl schönste Modegeschichte seit Langem. Genau darüber haben wir mit der 23-jährigen Holländerin gesprochen.
Wie ist die Idee von Zazi Vintage entstanden?
Es gab viele Momente in meinem Leben, in denen ich dachte, dass ich etwas ändern will. Ich habe früher schon in der Modebranche gearbeitet und modelte für große Häuser. Bei einer Reise nach Nordindien habe ich dann später eine Frau getroffen, die bei einem Women ́s Right-Projekt arbeitete und da wusste ich, dass ich nicht einfach nur modeln kann. Ich habe Mode und die Geschichte dahinter immer geliebt und ich glaube, dass sie Frauen auf so wunderschöne Weise miteinander verbinden kann. Jede wird eine tolle Geschichte erzählen können, wenn man sie nach ihrem liebsten Kleidungsstück fragt. Und ich wollte etwas erschaffen, das die Geschichte eines Kleides erzählt, aber eben auch etwas, das Frauen in Entwicklungsländern hilft. Ich habe daher letztes Jahr angefangen in kleine Gebiete zu reisen, um vor Ort mit Einwohnerinnen nach Vintage-Stoffen zu suchen. Dort habe ich Maduh kennengelernt, meine zweite indische Mutter, die Frauen und Kindern hilft, von der Armutsgrenze wegzukommen. Sie unterstützte mich bei der Gründung von Zazi Vintage und mit ihr werde ich im kommenden Jahr auch versuchen, das Women ́s Health Center zu finanzieren, damit Frauen dort ohne Scham zum Arzt gehen können. Eigentlich mache ich ein Hilfskleidungsstück und möchte die Luxury Marke mit guten Projekten verbinden.
Durch die verwendeten Stoffe haben Deine Kleider natürlich einen Vintage-Flair mit traditionellen Einflüssen und Werten. Dennoch sind sie so modern. Wie würdest Du Deine Kollektion beschreiben?
Ich habe mal ein Buch über Amrita Sher-Gil, eine wahre Powerfrau aus Indien gelesen und ich habe mir überlegt, was sie wohl tragen würde. Ich wollte daher ein indisches Prinzessinnenkleid machen und habe versucht, mein Traumkleid zu kreieren. Für die Näherinnen müssen die Schnitte recht einfach sein, daher wird das Kleid einmal in der kurzen und in der langen Variante hergestellt. Aber die Passform wirkt unheimlich gut, egal für welche Frau oder Figur. Es gibt auch ein Gedicht von dem niederländischen Schriftsteller J.J. Slauerhoff namens „Die Prinzessin von weit weg“. Mein Papa hat es mir vor langer Zeit einmal geschenkt, seitdem hängt es neben meinem Bett. Vielleicht ist es auch ein bisschen das. Einfach ein Prinzessinnengefühl.
Die Stoffe, die Du aus den verschiedenen Ländern beziehst sind sehr farbenfroh und vermitteln ein Gefühl von Lebenslust und Leichtigkeit. Ist diese Stimmung in den Produktionsländern auch vorherrschend?
Absolut. Mitleid und Trauer gegenüber diesen Frauen ist eine total westliche Perspektive, denn wenn ich da bin, dann sitzen da einfach 30 Freundinnen. Das sind super Power-Ladies, lustig und voller Freude. Natürlich haben sie weniger Geld, brauchen mehr Hilfe und Unterstützung, aber andererseits gibt es dort so viel Liebe. Durch die NGO gibt es einen Ort, wo sie sie sein können. Als ich nach Berlin gekommen bin habe ich mich eine Zeit lang dem Stil hier angepasst – Schwarz von Kopf bis Fuß. Ich habe mich aber irgendwann nicht mehr wohl gefühlt und bin schließlich nach Nepal gereist, wo mich eine Frau ansprach und sagte: „I don ́t understand. Your eyes look like celebration, but your clothes says no.“ Sie nahm mich mit und zog mir ein glitzerndes Top und einen Sari an, ein Mix aus 80er Jahre und Bollywood-Glitter. In diesem Moment habe ich gespürt, dass Mode auch das sein kann. Und egal wie hochwertig dieses Top war– oder auch eben nicht– habe ich noch nie so viel Glück in einem Outfit verspürt. Dieses Gefühl wollte ich auch auf Zazi übertragen.
„Ich hoffe, dass die Geschichte meiner Kleider so schön ist, dass sie erzählt wird“
Kannst Du von Deinem schönsten Erlebnis in den Dörfern erzählen? Gibt es etwas, das du nie vergessen wirst?
Es gibt so viele schöne Erinnerungen. Wie das letzte Mal alles funktioniert hat, war natürlich traumhaft. Bei Sonnenuntergang haben wir mit traditioneller Musik die Kampagne fotografiert. Alle Näherinnen waren dabei und ich habe ihre Babys auf dem Arm gehalten. Es war einfach ein magisches Gefühl dort zu sein. Aber ich habe viele Erfahrungen in Indien gemacht, die mich stark prägten. Vielleicht auch der Moment mit der Frau und ihrem glitzernden Top, die mir mit dieser kleinen, symbolischen Geste nach einer schwierigen Zeit sehr geholfen hat.
Welche, im wahrsten Sinne des Wortes, Tragweite hat Mode für Dich? Kann sie etwas verändern?
Auf jeden Fall. Sie hat so viel Symbolik, durch die man sich anders fühlt. Ich kann durch meine Kleidung entscheiden, dass ich heute eine Powerfrau sein will. Aber jedes Mal, wenn wir etwas konsumieren, geben wir auch unsere Stimme für ein gewisses System ab. Mode ist sehr politisch, selbst wenn wir darüber oft nicht nachdenken.
Glaubst Du denn, dass es langfristig auch zu dieser Veränderung kommen wird oder wird Fast Fashion nicht immer einen Platz haben?
Ich denke, dass sich das Bewusstsein der Menschen gerade verändert. Jeder Schritt in die richtige Richtung ist ein guter. Es muss sich einfach etwas ändern, denn so kann es nicht weitergehen. Wenn meine Kinder irgendwann auch noch Kinder haben wollen und wir alle auf dieser schönen Erde leben möchten, müssen wir etwas dafür tun.
Mit Zazi setzt Du Dich auch stark für die Rechte der Frauen in den Produktionsländern ein. Was bedeutet denn Feminismus für Dich?
Es ist mehr ein Humanismus. Es geht nicht darum, dass die Rechte der einen relevanter sind, als die der anderen. Aber es ist mir wichtig, dass die Frauen ein selbstbestimmtes Leben führen können und, dass niemand auf der Welt begrenzt ist durch sein Dasein. Ich hoffe, dass die Geschichte meiner Kleider so schön ist, dass sie erzählt wird und dazu beiträgt.
Du hast schon jetzt viel erreicht und konntest Frauen einen besseren Lebensstandard ermöglichen. Was wäre noch eine Deiner Herzensangelegenheiten und was wünschst Du Dir für die Zukunft?
Natürlich möchte ich noch mehr Projekte begleiten und auch weitere Kollektionen aus nachhaltigen Stoffen machen, um damit die Menschen dort zu unterstützen. Gerne würde ich das Gebiet erweitern und mich auch in Afrika engagieren. Aber vorerst hoffe ich einfach so weitermachen zu können, wie bisher.
Dafür wünschen wir Dir alles Gute. Vielen Dank für das Gespräch!
Interview & Text: Sina Podszka für Style Shiver.
Ein toller Beitrag und so schöne Bilder!
Liebe Grüße und noch eine traumhafte Woche.
Celine von http://mrsunicorn.de